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Breakpoint mit Farbrausch

Haben Sie auch schon von "Breakpoint 2007" gehört? Vorgestern machte mich Herr Arz auf die Meldung bei golem aufmerksam ("Breakpoint 2007 - Gewinner der Demo-Party stehen fest", 11. April 2007). Das Team "Farbrausch" hat im Bereich "PC-Demo" den Titel geholt. Aus einer gerade mal 180 KByte großen ausführbaren Datei entzaubert "Farbrausch" einen 7minütigen Film -- mir verschlägt sowas den Atem. Ich habe mir das Video auf YouTube angeschaut. Es wirkt fast wie Hexerei!

Machen wir einmal sehr ungünstige Annahmen, was die Bildqualität betrifft: 320 x 200 Bildpunkten mit 8 Bit für die Farbkodierung und 15 Frames pro Sekunde (fps). Das macht für einen etwa 7minütigen Beitrag (7 x 60 Sekunden = 420 Sekunden) eine Datenmenge von 3.225.600.000 Bits aus, sprich 403.200.000 Bytes, also ungefähr 400 MB. Das File kommt jedoch nur mit ca. 180 KB daher! Dem entspricht eine Kompressionsrate um den Faktor 2000 (400/0,18). Ein Kompressionsstandard wie MPEG-2 komprimiert um den Faktor 10-20. Es liegen Welten zwischen 2000 und 20!

Diese Zahlen sollen Ihnen nur ein Gefühl dafür geben, dass hier wahrhafte Künstler ("Hacker" im guten Sinne des Wortes) am Werk sind. Ich habe absichtlich schlechte Annahmen gemacht, der Film von "Farbrausch" ist qualitativ wesentlich hochwertiger. In den 180 KB steckt nicht nur eine Graphik-Engine, auch die "Filmwelt" muss sehr spärlich kodiert sein, die zum Teil mit recht aufwendigen Vorberechnungen erst einmal erstellt werden muss, bevor ein Video ablaufen kann. Sie werden vermutlich einiges an Rechenpower benötigen, damit die 180 KB vernünftig laufen. Und die Audio-Spur habe ich gänzlich vernachlässigt.

Was Sie daraus noch lernen können, und das ist vielleicht als Software-Engineer gar nicht so uninteressant: Ein normaler Kompressionsalgorithmus wie MPEG-2 ist zwar bereits ein Algorithmus für eine besondere Art von Datenmaterial, er arbeitet aber mit recht generellen Techniken zur Kompression von Bildflächen. Was die Hacker da treiben, ist nur zu erreichen mit einer domänenspezifischen Kodierung einer "Filmwelt" -- einer Sprache, wenn Sie so wollen. Mit dieser Spezialsprache ist eine Kompaktheit zu erreichen, die ansonsten undenkbar ist. Domänenspezifische Sprachen haben in der Tat ihren Platz und ihren Sinn. Mit ihnen sind solche Hexereien zu bewerkstelligen.

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