Kann man das Programmieren erlernen? Sicher! Aber kann es jeder erlernen?
Ich bin über einen Blog auf einen interessanten Artikel gestossen ("The camel has two humps (working title)" von Saeed Dehnadi und Richard Bornat). Darin berichten die Autoren von den vielen vergeblichen Versuchen, die es gegeben hat, das Programmieren erfolgreich zu unterrichten. Denn zwischen 30 und 60 Prozent der Studierenden an Universitäten und Hochschulen scheitern regelmäßig am ersten Programmierkurs. Bei allen Bemühungen: Die hohen Durchfallquoten scheinen unabänderlich zu sein.
Die Autoren behaupten, die Programmierbegabung mit einem Test ermitteln und damit vorhersagen zu können, ob ein Kandidat bzw. eine Kandidatin das Programmieren erfolgreich erlernen wird. Ich halte die durchgeführte Studie für methodisch kritisch, darum sind die Aussagen und Spekulationen mit großer Vorsicht zu genießen. Dennoch lassen Sie uns einmal anschauen, was Dehnadi und Bornat da untersucht haben.
Die beiden gehen davon aus, dass sich dem Programmierunerfahrenen, dem Novizen, beim Umgang mit imperativen Sprachen drei Hürden stellen -- und zwar in der angegebenen Reihenfolge:
In einem Test stellen Dehnadi und Bornat den Studierenden vor dem ersten Kontakt mit einer Programmiersprache einige Fragen zu Zuweisungen bzw. zu Folgen von Zuweisungen; sie testen also lediglich die erste Hürde. Die Probanden müssen via Multiple Choice erraten, welche Werte nach den Zuweisungen gültig sind.
Nach den Tests unterscheiden Dehnadi und Bornat drei Gruppen. Die Annahme ist, dass sich die Probanden ein mentales Modell von der Arbeitsweise von Zuweisungen machen. Versuchen die Probanden, sich bei der Suche nach Lösungen strikt an Regeln zu halten, seien die Ergebnisse auch noch so unsinnig oder seltsam? Oder versuchen sie, etwas sinnvolles aus jeder einzelnen Aufgabe zu holen und entsprechend zu antworten? Oder verweigern sie die Antwort, da diese Zuweisungen wenig Sinn zu machen scheinen? Eine Gruppe, die Konsistenten, beantwortet die meisten bis alle Fragen mit dem gleichen mentalen Modell; das sind die, die sich einer Maschine gleich an ein Regelwerk halten. Die Inkonsistenten sind die, die bei verschiedenen Fragen verschiedene mentale Modelle anwenden; es sind die, die versuchen, jede Zuweisungsaufgabe für sich genommen sinnhaft zu beantworten. Die Blanken verweigern die Antwort auf die meisten oder alle Fragen; sie mögen nicht rätseln, was diese ganze Kryptik für einen Sinn machen soll.
Obwohl jede der drei Gruppen eine absolut vernünftige Strategie für ihr Handeln verfolgt, die durchaus als intelligent bezeichnet werden kann, kommt lediglich das Vorgehen der Konsistenten der Arbeitsweise eines Rechners gleich. Ein Rechner befolgt Regeln der Ausführung und wendet diese stur an. Ob die Ergebnisse Sinn machen oder nicht, hinterfragt ein Rechner nicht.
Interessant ist nun, wie sich die Probanden im Laufe der Zeit entwickeln. Alle belegten einen Programmierkurs und schlossen den Kurs mit einer Prüfung ab. Dehnadi und Bornat wollen nun festgestellt haben, dass einzig die Konsistenten zu bemerkenswert guten oder mittelmäßigen Programmierern werden. Die Inkonsistenten und Blanken bleiben bemerkenswert programmierschwach. Es will fast so scheinen, als lege der frühe Test als Novize die Zukunft in Ketten: einem Inkonsistenten bzw. Blanken scheint der Eintritt in die Programmierwelt verwehrt. Die Autoren schreiben:
Vor diesem Hintergrund scheint es besonders fragwürdig, so die Autoren, Java als erste Programmiersprache zu unterrichten. Java wird nicht über ein einfaches Regelwerk definiert, sondern über einen mehrere Hundert Seiten umfassenden Standard.
Mich machen diese Ergebnisse nachdenklich. Was sind die Konsequenzen daraus? Sollten manche Studierenden lieber die Finger von der Informatik lassen, weil ihre Hirne nicht so regelbasiert wie Computer tickern? Andererseits: Nicht jeder Software Engineer muss ein Programmierstar sein. Oder haben wir schlicht noch nicht das richtige Unterrichtsmodell für Programmiersprachen gefunden? Ich hoffe sehr, dass dieser Untersuchung weitere Studien folgen, die besser und erkenntnisreicher sind.
Ich bin über einen Blog auf einen interessanten Artikel gestossen ("The camel has two humps (working title)" von Saeed Dehnadi und Richard Bornat). Darin berichten die Autoren von den vielen vergeblichen Versuchen, die es gegeben hat, das Programmieren erfolgreich zu unterrichten. Denn zwischen 30 und 60 Prozent der Studierenden an Universitäten und Hochschulen scheitern regelmäßig am ersten Programmierkurs. Bei allen Bemühungen: Die hohen Durchfallquoten scheinen unabänderlich zu sein.
Die Autoren behaupten, die Programmierbegabung mit einem Test ermitteln und damit vorhersagen zu können, ob ein Kandidat bzw. eine Kandidatin das Programmieren erfolgreich erlernen wird. Ich halte die durchgeführte Studie für methodisch kritisch, darum sind die Aussagen und Spekulationen mit großer Vorsicht zu genießen. Dennoch lassen Sie uns einmal anschauen, was Dehnadi und Bornat da untersucht haben.
Die beiden gehen davon aus, dass sich dem Programmierunerfahrenen, dem Novizen, beim Umgang mit imperativen Sprachen drei Hürden stellen -- und zwar in der angegebenen Reihenfolge:
- Zuweisungen und Zuweisungsfolgen
- Rekursion und Iteration
- Nebenläufigkeit
In einem Test stellen Dehnadi und Bornat den Studierenden vor dem ersten Kontakt mit einer Programmiersprache einige Fragen zu Zuweisungen bzw. zu Folgen von Zuweisungen; sie testen also lediglich die erste Hürde. Die Probanden müssen via Multiple Choice erraten, welche Werte nach den Zuweisungen gültig sind.
Nach den Tests unterscheiden Dehnadi und Bornat drei Gruppen. Die Annahme ist, dass sich die Probanden ein mentales Modell von der Arbeitsweise von Zuweisungen machen. Versuchen die Probanden, sich bei der Suche nach Lösungen strikt an Regeln zu halten, seien die Ergebnisse auch noch so unsinnig oder seltsam? Oder versuchen sie, etwas sinnvolles aus jeder einzelnen Aufgabe zu holen und entsprechend zu antworten? Oder verweigern sie die Antwort, da diese Zuweisungen wenig Sinn zu machen scheinen? Eine Gruppe, die Konsistenten, beantwortet die meisten bis alle Fragen mit dem gleichen mentalen Modell; das sind die, die sich einer Maschine gleich an ein Regelwerk halten. Die Inkonsistenten sind die, die bei verschiedenen Fragen verschiedene mentale Modelle anwenden; es sind die, die versuchen, jede Zuweisungsaufgabe für sich genommen sinnhaft zu beantworten. Die Blanken verweigern die Antwort auf die meisten oder alle Fragen; sie mögen nicht rätseln, was diese ganze Kryptik für einen Sinn machen soll.
Obwohl jede der drei Gruppen eine absolut vernünftige Strategie für ihr Handeln verfolgt, die durchaus als intelligent bezeichnet werden kann, kommt lediglich das Vorgehen der Konsistenten der Arbeitsweise eines Rechners gleich. Ein Rechner befolgt Regeln der Ausführung und wendet diese stur an. Ob die Ergebnisse Sinn machen oder nicht, hinterfragt ein Rechner nicht.
Interessant ist nun, wie sich die Probanden im Laufe der Zeit entwickeln. Alle belegten einen Programmierkurs und schlossen den Kurs mit einer Prüfung ab. Dehnadi und Bornat wollen nun festgestellt haben, dass einzig die Konsistenten zu bemerkenswert guten oder mittelmäßigen Programmierern werden. Die Inkonsistenten und Blanken bleiben bemerkenswert programmierschwach. Es will fast so scheinen, als lege der frühe Test als Novize die Zukunft in Ketten: einem Inkonsistenten bzw. Blanken scheint der Eintritt in die Programmierwelt verwehrt. Die Autoren schreiben:
[...] it is extremely difficult to teach programming to the inconsistent and blank groups. It might be possible to teach them, if we concentrated on trying to persuade them to see a programming language as a system of rules ([...]).
Vor diesem Hintergrund scheint es besonders fragwürdig, so die Autoren, Java als erste Programmiersprache zu unterrichten. Java wird nicht über ein einfaches Regelwerk definiert, sondern über einen mehrere Hundert Seiten umfassenden Standard.
Mich machen diese Ergebnisse nachdenklich. Was sind die Konsequenzen daraus? Sollten manche Studierenden lieber die Finger von der Informatik lassen, weil ihre Hirne nicht so regelbasiert wie Computer tickern? Andererseits: Nicht jeder Software Engineer muss ein Programmierstar sein. Oder haben wir schlicht noch nicht das richtige Unterrichtsmodell für Programmiersprachen gefunden? Ich hoffe sehr, dass dieser Untersuchung weitere Studien folgen, die besser und erkenntnisreicher sind.