Rostock, eLBa 2012, die fünfte Konferenz der eLearning-Baltics. Keynote-Speaker Sven Gabor Janszky. Er bezeichnet sich als Trendforscher -- und redet über die Zukunft in 10 Jahren. Er riskiert damit einen ebenso weiten Blick in die Zeit wie es Lars Thomson im Oktober 2011 bei seiner Rede an der Hochschule Heilbronn tat.
Mich fürchtet's vor den "Trends", die Janszky mit kleinen Filmeinspielern vorzeichnet: Im Bad begegnet mir der "Smart Mirror", im Wohnzimmer die "Screentapete", im Wohnzimmer der "Intelligente Couchtisch". Alles Geräte, die großformatige Projektionsflächen für Informationen sind und weitgehend berührungslos mit uns kommunizieren. Die unsichtbaren "Helferlein" geben sich intelligenter denn je. Sie wissen, was wir wollen, wünschen, brauchen -- sie vernetzen uns, sie lernen aus unseren (Persönlichkeits-)Profilen, wiederholen "dumme" Vorschläge und Angebote kein zweites Mal und brauchen von uns nicht mehr direkt konfiguriert zu werden. Dahinter winkt immer der Kommerz, manchmal zugunsten unserer Bedürfnisse, wohl öfter zur Bedürfnisweckung. Und so bleibt mir das sehr ungute Gefühl, wie wir in diesen Visionen den Maschinen die gesamte Verwaltung und Gestaltung unseres Lebens überlassen. Dagegen mutet die Datenschutzkritik z.B. an Facebook lächerlich an. Die Maschinen der Zukunft erschaffen individualisierte Realitätsprojektionen nach irgendwelchen verborgenen Kriterien wirtschaftlicher Nutzbringung. Brrr.
Nach Janszky verlagert sich die Wirtschaft von einer Aufmerksamkeitsökonomie zur einer Anerkennungsökonomie. Man braucht Aufmerksamkeit auf Massenmärkten, und man arbeitet mit Anerkennung, um 1:1-Beziehungen zu erhalten. Die Assistenten der Zukunft haben nur eine Chance, wenn sie sich um diese 1:1-Beziehung kümmern, ihren Partner, den Menschen, in seinen Anliegen und Bedürfnissen verstehen und nicht belehren oder bevormunden. Nach Janszky heißt Anerkennung geben, immer ansprechbar zu sein, mit dem anderen Leid und Freud zu teilen und sie oder ihn hin und wieder zu überraschen.
Immer wieder fordert Janszky die Übertragung auf eLearning und das Bildungswesen ein. Der Frontalunterricht basiert auf Aufmerksamkeit (wohl wahr!), was Lernende aber suchen, ist Anerkennung (oh ja!). Und hierbei kann Technologie helfen -- und da überlässt es Janszky jedem selbst herauszufinden, wie das aussehen könnte. Das macht mich nachdenklich. Denn er hat recht: Das Einfordern von Aufmerksamkeit ist vielleicht eine Voraussetzung für das Lernen, aber es reicht nicht. Die Anerkennung für Erlerntes hingegen ist ein starkes Antriebsmoment. Vielleicht kann man es so aufschlüsseln: Aufmerksamkeit ist eine Voraussetzung für das Lernen, Anerkennung das "Ziel" des Lernens (wenn man es mal so ausdrücken möchte). Es gilt freilich außerdem, zwischen diesen Pfeilern vom Beginn des Lernprozesses (Aufmerksamkeit) bis zum Ende (Anerkennung) einen Bogen zu spannen.
Janszky sagt, der Arbeitsmarkt der Zukunft interessiere sich weniger für formale Bildungsabschlüsse als denn für ein Portfolio an Qualifikationen. Zumal die meisten Menschen in der Zukunft so etwas wie "Jobnomaden" sein werden und ihr Berufsleben in wechselnden Projekten verbringen. Die Konsequenz, die ich daraus ableite: Jede Studentin, jeder Student sollte individuelle Studienpfade durchlaufen und jederzeit Prüfungen ablegen können, und am Ende einen "Bachelor" oder einen "Master" haben, der nicht programmhaft standardisiert, sondern ganz eigenwillig und individuell ist. Warum eigentlich nicht? Es gibt viel mehr Gründe, eLearning-Systeme und Lern-Assistenzsysteme zu bauen, als bei dem alten Modell standardisierter Massenausbildung zu bleiben. In unserem Bildungssystem, in der Lehre an den Hochschulen muss sich etwas ändern. In Zukunft wird es keinen Massenmarkt für z.B. Informatiker geben -- es gibt ihn eigentlich heute schon nicht mehr. In Zukunft bieten junge und ältere Menschen Qualifikations- und Kompetenzprofile an, die sie beständig erweitern, anpassen und ausbauen werden (müssen). Das mag zwar anstrengend sein -- aber vielleicht ist es auch der Schlüssel zu einem erfüllteren und sinnreicheren Arbeitsleben.
[Update: Wahrscheinlich hielt ich die Trends für so unglaublich, dass ich das Jahr 2022 für 20 Jahre entfernt hielt. Ein netter Kommentar hat mich darauf aufmerksam gemacht. Nun ist der Fehler korrigiert.]
Mich fürchtet's vor den "Trends", die Janszky mit kleinen Filmeinspielern vorzeichnet: Im Bad begegnet mir der "Smart Mirror", im Wohnzimmer die "Screentapete", im Wohnzimmer der "Intelligente Couchtisch". Alles Geräte, die großformatige Projektionsflächen für Informationen sind und weitgehend berührungslos mit uns kommunizieren. Die unsichtbaren "Helferlein" geben sich intelligenter denn je. Sie wissen, was wir wollen, wünschen, brauchen -- sie vernetzen uns, sie lernen aus unseren (Persönlichkeits-)Profilen, wiederholen "dumme" Vorschläge und Angebote kein zweites Mal und brauchen von uns nicht mehr direkt konfiguriert zu werden. Dahinter winkt immer der Kommerz, manchmal zugunsten unserer Bedürfnisse, wohl öfter zur Bedürfnisweckung. Und so bleibt mir das sehr ungute Gefühl, wie wir in diesen Visionen den Maschinen die gesamte Verwaltung und Gestaltung unseres Lebens überlassen. Dagegen mutet die Datenschutzkritik z.B. an Facebook lächerlich an. Die Maschinen der Zukunft erschaffen individualisierte Realitätsprojektionen nach irgendwelchen verborgenen Kriterien wirtschaftlicher Nutzbringung. Brrr.
Nach Janszky verlagert sich die Wirtschaft von einer Aufmerksamkeitsökonomie zur einer Anerkennungsökonomie. Man braucht Aufmerksamkeit auf Massenmärkten, und man arbeitet mit Anerkennung, um 1:1-Beziehungen zu erhalten. Die Assistenten der Zukunft haben nur eine Chance, wenn sie sich um diese 1:1-Beziehung kümmern, ihren Partner, den Menschen, in seinen Anliegen und Bedürfnissen verstehen und nicht belehren oder bevormunden. Nach Janszky heißt Anerkennung geben, immer ansprechbar zu sein, mit dem anderen Leid und Freud zu teilen und sie oder ihn hin und wieder zu überraschen.
Immer wieder fordert Janszky die Übertragung auf eLearning und das Bildungswesen ein. Der Frontalunterricht basiert auf Aufmerksamkeit (wohl wahr!), was Lernende aber suchen, ist Anerkennung (oh ja!). Und hierbei kann Technologie helfen -- und da überlässt es Janszky jedem selbst herauszufinden, wie das aussehen könnte. Das macht mich nachdenklich. Denn er hat recht: Das Einfordern von Aufmerksamkeit ist vielleicht eine Voraussetzung für das Lernen, aber es reicht nicht. Die Anerkennung für Erlerntes hingegen ist ein starkes Antriebsmoment. Vielleicht kann man es so aufschlüsseln: Aufmerksamkeit ist eine Voraussetzung für das Lernen, Anerkennung das "Ziel" des Lernens (wenn man es mal so ausdrücken möchte). Es gilt freilich außerdem, zwischen diesen Pfeilern vom Beginn des Lernprozesses (Aufmerksamkeit) bis zum Ende (Anerkennung) einen Bogen zu spannen.
Janszky sagt, der Arbeitsmarkt der Zukunft interessiere sich weniger für formale Bildungsabschlüsse als denn für ein Portfolio an Qualifikationen. Zumal die meisten Menschen in der Zukunft so etwas wie "Jobnomaden" sein werden und ihr Berufsleben in wechselnden Projekten verbringen. Die Konsequenz, die ich daraus ableite: Jede Studentin, jeder Student sollte individuelle Studienpfade durchlaufen und jederzeit Prüfungen ablegen können, und am Ende einen "Bachelor" oder einen "Master" haben, der nicht programmhaft standardisiert, sondern ganz eigenwillig und individuell ist. Warum eigentlich nicht? Es gibt viel mehr Gründe, eLearning-Systeme und Lern-Assistenzsysteme zu bauen, als bei dem alten Modell standardisierter Massenausbildung zu bleiben. In unserem Bildungssystem, in der Lehre an den Hochschulen muss sich etwas ändern. In Zukunft wird es keinen Massenmarkt für z.B. Informatiker geben -- es gibt ihn eigentlich heute schon nicht mehr. In Zukunft bieten junge und ältere Menschen Qualifikations- und Kompetenzprofile an, die sie beständig erweitern, anpassen und ausbauen werden (müssen). Das mag zwar anstrengend sein -- aber vielleicht ist es auch der Schlüssel zu einem erfüllteren und sinnreicheren Arbeitsleben.
[Update: Wahrscheinlich hielt ich die Trends für so unglaublich, dass ich das Jahr 2022 für 20 Jahre entfernt hielt. Ein netter Kommentar hat mich darauf aufmerksam gemacht. Nun ist der Fehler korrigiert.]