Haben Sie schon einmal daran gedacht, sich einfrieren und später, irgendwann in der Zukunft, wieder auftauen zu lassen? Das würde etwa die Wartezeit bei einem Flug zum Mars erheblich verkürzen. Was auch immer Ihr persönlicher Grund für eine solche Aktion sein möge, lassen Sie die Finger davon. Mal abgesehen davon, dass das Einfrieren und Auftauen von Zellen eine äußerst heikle Angelegenheit ist -- es kostet Sie nur Geld und lässt Sie strohdumm werden! Ganz richtig: Es macht Sie dumm! Warum? Lassen Sie mich mit einem kleinen Exkurs beginnen: Wie wird Information gespeichert?
Es gibt zwei Arten der Speicherung von Information. Ich möchte Ihnen das anschaulich an zwei Beispielen erläutern:
Nehmen Sie ein kleines Behältnis, eine Schatulle etwa, die ein Steinchen aufnehmen kann. Ist die Schatulle leer, hat die Schatulle den Wert Null gespeichert. Ist das Steinchen in der Schatulle, wollen wir das als den Wert Eins verstehen.
Das ist das wohl am weitesten verbreitete Verständnis eines Informationsspeichers: in einem Gedächtnis (einer Art Riesenschatulle) kann Wissen "abgelegt" werden.
Doch es gibt eine interessante Alternative dazu: Nehmen Sie eine Tasse mit Kaffee und rühren Sie den Kaffee rechts herum: Eins. Rühren Sie ihn links herum: Null. Die Rotationsrichtung des Kaffees enthält die Information! Wenn Sie zu lange warten, sorgen Reibungsverluste dafür, dass dem System Energie entzogen wird und sich irgendwann ein undefinierter Zustand ergibt: der Kaffee rotiert nicht mehr, die Information ist vergessen.
Wir haben also zwei Fälle vorliegen:
- Informationsträger ist Materie und örtlich gebunden (Raum)
- Informationsträger ist Energie und zeitlich gebunden (Fluß)
In technischen Systemen wird das Rotierenlassen von Energie zur Informationsspeicherung durch Rückkopplung erreicht. Rückkopplung ist die Rückführung von Ausgängen an Eingänge. Ein sehr schönes Beispiel ist das Flipflop, das z.B. aus zwei NOR-Gattern besteht. Der Schaltkreis selbst ist materielle Information und räumlich gebunden. Der in die materiellen Bahnen geleitete Energiefluss (vereinfacht gesagt der Strom) kann in eine stabile "Rotationsrichtung" versetzt werden -- und merkt sich darüber ein Bit: linksdrehend bzw. rechtsdrehend.
Was passiert, wenn wir ein Flipflop im laufenden Betrieb einfrieren und wieder auftauen? Der Vorgang des Einfrierens entspricht dem Entzug von Energie. Lediglich bei Supraleitung, also Nahe des absoluten Temperaturnullpunktes wäre ein Flusserhalt möglich. Unter "normalen" Umständen vergisst das Flipflop alles und nimmt nach dem Auftauen eine zufällige Rotationsrichtung an. Das Flipflop hat seine Vergangenheit schlichtweg vergessen.
Unser Gehirn besteht aus Nervenzellen, Neuronen, die sich untereinander vernetzen -- das materielle "Schaltungsbild" unseres Denkapparats. Auch hier ist Rückkopplung der Schlüssel zu unserem Gedächtnis. Ohne Rückkopplung wären wir im wahrsten Sinne des Wortes zu keiner "reflektierten" Handlung fähig. Der Teil unseres Denkens, der sich nicht in der Vernetzung der Neuronen niedergeschlagen hat, "kreist" auf diesen rückgekoppelten Bahnen. Würden wir unser Gehirn einfrieren, käme es zum Stillstand des Denkens und aller Erinnerungen, die in uns ihre Kreise ziehen. Dumm gelaufen.
Also: Legen Sie lieber ein Bit ins Gefrierfach! Auch dumme Hefe löscht den Durst!