Direkt zum Hauptbereich

Netze spannen mit Design by Contract

Was verbirgt sich hinter diesem Methodenaufruf?

method float squareRoot(float: number)

Eine Methode namens "squareRoot" (Quadratwurzel), die zu ihrem Aufruf eine Fließkommazahl "number" erwartet und eine Fließkommazahl zurückgibt. Es ist unschwer zu erraten, was die Methode tut. Sie berechnet die Wurzel zu einer Zahl. Sicher?

Die Vermutung, was die Methode macht, begründet sich einzig auf der Namensgebung. Namen sind äußerst wichtig -- nicht nur beim Programmieren. Ein Name löst bei uns Menschen eine Menge aus. Wir verbinden mit Namen Erfahrungswerte, ordnen ihnen Bedeutung (Semantik) zu etc. Allerdings klären Namen nicht unbedingt alles ab. Akzeptiert die Methode auch negative Zahlen als Eingabe? Was passiert dann? Liefert die Methode nur die positive Lösung zu einer Wurzel oder auch die negative Lösung? (Die Wurzel aus 4 ist 2, aber auch -2 ist ein gültiges Ergebnis: -2 mal -2 = 4.)

Es gibt Techniken, Methoden wesentlich präziser zu spezifizieren als rein über die Typen, wie das z.B. bei Java, C# und vielen anderen objektorientierten Sprachen der Fall ist. Mit sogenannten Vor- und Nachbedingungen, pre-conditions und post-conditions läßt sich obiges Beispiel genauer fassen:

method float squareRoot(float: number):
pre: number >= 0
post: result >= 0 and result * result == number

Die Methode wird detailliert über die Vorbedingung, die angibt, was die Methode bei ihrem Aufruf vom Aufrufenden erwartet: "Gibst Du mir eine Fließkommazahl, die positiv ist, dann garantiere ich Dir die Einhaltung der Nachbedingung." Die Variable "result" ist vordefiniert und veweist auf den Rückgabewert der Methode, das Ergebnis. Die Methode garantiert über die Nachbedingung, dass das Ergebnis größer Null ist und mit sich selbst multipliziert gleich "number" ist.

Jetzt ist zweifelsfrei geklärt, unter welchen Bedingungen die Methode arbeitet und was sie zusichert bzw. garantiert. Dabei bleibt völlig offen, wie die Methode programmiert ist und wie sie den Wurzelwert ermittelt.

Diese Art der Spezifikation einer Methode hat einen Namen und ist als Design by Contract (DbC) bekannt; sie geht auf Betrand Meyer zurück und findet Verwendung in der von ihm entwickelten Programmiersprache Eiffel.

Leider wird DbC im Software Engineering noch viel zu wenig verwendet. Dabei ist es eine so wichtige, klarstellende und leistungsfähige Technik. Interfaces werden ähnlich schwach wie die Methode ganz oben definiert. Sie kennen das bestimmt von Java, C# oder einer anderen Programmiersprache. Die reinen Typ-Angaben spannen zwar ein Netz, innerhalb dessen die Software läuft -- und ein Compiler prüft, ob das Netz aus Typangaben auch sauber gespannt ist. Aber die Netzmaschen sind zu groß. Es können noch viele Fehlannahmen und Fehler durch das Netz fallen.

Design by Contract erlaubt es Ihnen, das Netz so engmaschig zu spannen, wie es Ihnen sinnvoll erscheint. Vielleicht hätte es bei der obigen Postcondition genügt, einzig ein positives Ergebnis zuzusichern. Man könnte das Netz aber auch engmaschiger spannen und die Genauigkeit des Ergebnisses spezifizieren (was bei endlicher Fließkomma-Arithmetik notwendig ist).

Beliebte Posts aus diesem Blog

Lidl und der Kassen-Bug

Es gibt Fehler, im Informatiker-Jargon "Bugs", die etwas anrühriges haben. Ich bat den Menschen an der Kasse bei Lidl um einen Moment Geduld und meine Kinder um Ruhe, um nicht den wunderbaren Moment zu verpassen, bei dem es passierte. Der Lidl-Mensch fluchte kurz auf -- und ich war entzückt! "Einen Moment, davon muss ich ein Foto machen!" Und dann machte ich noch eines. Ich bin heute extra für diesen Fehler zu Lidl gepilgert -- ich wollte es mit eigenen Augen sehen. Gestern hat mir ein Student (vielen Dank Herr Breyer) von diesem Fehler in einer EMail berichtet. Ein richtig schöner Fehler, ein Klassiker geradezu. Ein Fehler, den man selten zu Gesicht bekommt, so einer mit Museumswert. Dafür wäre ich sogar noch weiter gereist als bis zum nächsten Lidl. Der Fehler tritt auf, wenn Sie an der Kasse Waren im Wert von 0 Euro (Null Euro) bezahlen. Dann streikt das System. Die kurze Einkaufsliste dazu: Geben Sie zwei Pfandflaschen zurück und Lidl steht mit 50 Cent bei Ihne

Syntax und Semantik

Was ist Syntax, was ist Semantik? Diese zwei Begriffe beschäftigen mich immer wieder, siehe zum Beispiel auch " Uniform Syntax " (23. Feb. 2007). Beide Begriffe spielen eine entscheidende Rolle bei jeder Art von maschinell-verarbeitbarer Sprache. Vom Dritten im Bunde, der Pragmatik, will ich an dieser Stelle ganz absehen. Die Syntax bezieht sich auf die Form und die Struktur von Zeichen in einer Sprache, ohne auf die Bedeutung der verwendeten Zeichen in den Formen und Strukturen einzugehen. Syntaktisch korrekte Ausdrücke werden auch als "wohlgeformt" ( well-formed ) bezeichnet. Die Semantik befasst sich mit der Bedeutung syntaktisch korrekter Zeichenfolgen einer Sprache. Im Zusammenhang mit Programmiersprachen bedeutet Semantik die Beschreibung des Verhaltens, das mit einer Interpretation (Auslegung) eines syntaktisch korrekten Ausdrucks verbunden ist. [Die obigen Begriffserläuterungen sind angelehnt an das Buch von Kenneth Slonneger und Barry L. Kurtz: Formal Syn

Factor @ Heilbronn University

It was an experiment -- and it went much better than I had imagined: I used Factor (a concatenative programming language) as the subject of study in a project week at Heilbronn University in a course called "Software Engineering of Complex Systems" (SECS). Maybe we are the first university in the world, where concatenative languages in general and Factor in specific are used and studied. Factor is the most mature concatenative programming language around. Its creator, Slava Pestov, and some few developers have done an excellent job. Why concatenative programming? Why Factor? Over the years I experimented with a lot of different languages and approaches. I ran experiments using Python, Scheme and also Prolog in my course. It turned out that I found myself mainly teaching how to program in Python, Scheme or Prolog (which still is something valuable for the students) instead of covering my main issue of concern: mastering complexity. In another approach I used XML as a tool